Die Akte S.(nach Dr. Textosteron)

 

 

 

 

 

 

1. Persönliche Daten

 

 

Name des Probanden:

 

Susen Gehle (im Folgenden S.)

 

Geschlecht:

 

Weiblich

 

Wohnort:

 

Kalkbreitestrasse 59
80003 Zürich

 

Geburtstag:

 

9.8.1976

 

Nationalität:

 

Deutsch

 

Status:

 

Nicht verheiratet

 

Beruf:

 

Freie Texterin, Konzeptionerin

 

 

 

 

 

Untersuchter Zeitraum:

 

31.3.2000 – 1.2.2012

 

Name des Gutachters:

 

Dr. Hans Textosteron (im Folgenden GA)

 

 

2. Untersuchungsanlass


Die Untersuchungen fanden aus aktuellem Anlass statt. Die Probandin S. kam mit Unruhezuständen, Beschäftigungsdrang, ausufernder Fantasie, verrückten Ideen und Schreibzwang zum GA und bat um Feststellung der Schwere ihrer Anomalie sowie einem geeigneten Therapieplan.

 

 

3. Fragestellung


Es soll festgestellt werden, inwieweit bei der Probandin S. eine Abweichung von normalem Verhalten vorliegt, ob wir es mit einem außergewöhnlich schweren Fall von Kreativität zu tun haben und wie die Diskrepanz zwischen Normalität und dem Auftreten der S. kuriert, bzw. gesellschaftlich integriert werden kann.

 

 

4. Anamnese


4.1. Kulturelle Situation

S. wächst wohl-behütet in Stuttgart auf. So wohl, dass ihre Neugier und Unruhe sie mit 18 dort wegtreiben. Zuerst nach London, von wo sie das Cambridge Proficiency Certificate mitbringt. Einzige anomale Anzeichen bis dahin: ihre Schreib- und „Umzugswut“ (letztere spitzt sich später zu – mit Stationen wie Essen, Ludwigsburg, Hamburg, Berlin, Zürich, Wiesbaden, München,..).

 

4.2. Sozial- und Arbeitsverhalten

Die Probandin verfügt über eine ungewöhnlich hohe Begeisterungs- und Kontaktfähigkeit. Sie fügt sich in jede Gruppe schnell und intensiv ein, ihre  Interessensbandbreite ist riesig.

Ihre Wortfluten erfreuen Kunden von Kosmetik- bis Baggerschaufelhersteller, von Modeunternehmen bis IT-Dienstleister, aus dem Gesundheitswesen, der Finanzdienstleistung und der Medienbranche. Mit Ihrem Tatendrang baut sie die Werbeagentur „finest communication gmbh“ mit auf.
Die Betätigungsfelder der S. gestalten sich vielfältig: sie umfassen Barkeeperin, Texterin, Gogo-Tänzerin, Personal Managerin, Thaimasseurin, Snowboardlehrerin, Seminarleiterin, Schauspielerin, Mönchin, Teleshopping-Verkäuferin, Coach, Autorin, Creative Director, uvm.

 

4.3. Gesundheitszustand

Die physische Gesundheit der Probandin ist ausgesprochen stabil und psychisch verfügt sie, von ihren Wahnvorstellungen abgesehen, über eine rasante Auffassungsgabe. S. stellt ihre hohe Belastbarkeit, sowie eine eiserne Disziplin mehrfach unter Beweis. Beim Wild-Campen in Agenturen und bei kreativen Zirkeltrainings, ob klassisch oder viral, b2c oder b2b, off- oder online, visuell, auditiv oder multimedial, über kurze oder lange Buchstabenstrecken: S. erzielt glänzende Werte.
Laufen, Inline-Skate-Marathons, Snowboarden, Thaiboxen, Yoga, Meditation und Konzentrationstrainings halten S. in Form.

 

4.4. Öffentliche Auffälligkeiten

S. hat einen Hang zu schrägen Situationen und öffentlichen Auftritten. Ihr Bauchnabel ist zwei Wochen deutschlandweit „on air“, sie hat Gastrollen in Serien wie „Frühstücksfernsehen“, „Unter Uns“ und sogar in der Bildzeitung.
Ihr Verkaufstalent stellt sie nicht nur bei Kundenpräsentationen für große Marken unter Beweis sondern vor der Kamera beim weltgrößten Teleshoppingkanal „QVC“. Manche ihrer Ideen sorgen weltweit für Wirbel, während andere es bis in die Pinakothek der Moderne schaffen.

 

 

5. Zur Auswahl der verwendeten Verfahren


5.1. Der Texterschmieden-Entwicklungstest

Der Texterschmieden-Entwicklungstest (TET) ist für förderdiagnostische Fragestellungen konzipiert und liefert wichtige Informationen über den gesamten Bereich der extremen Entwicklung.

 

Subtest

Ergebnis

Äquivalenzalter

Subtest 1:
Durchhalten

S. erträgt alles mit spielerischer Geduld.

42

Subtest 2:
Bilder

S. sieht viele Bilder – auch da, wo keine sind.

13

Subtest 3:
Tageswerk

4 von 6 Geschichten, die S. abliefert sind frei erfunden, jedoch immer passend zum Produkt.

25

Subtest 4:
Planung

S. zeichnet sich durch chaotisch strukturiertes Handeln aus.

7

 

 

5.2. Der Anomalie-Test nach Prof. Gaede

Gemäß Professor Gaede ist das durchschnittliche Verhalten im sozialen System gleichzusetzen mit der Norm. Entsprechend ist jegliches „Abweichen von der Norm“ als Anomalie zu bezeichnen. Mit dem Gaed´schen Test lässt sich der Grad einer kreativen Anomalie ermitteln.
Wider ihrem höchst kommunikatives Naturell, begibt S. sich in ein buddhistisches Kloster in Thailand, wo ihr Sprechen, Schreiben und Lesen untersagt sind.

Erstaunlicherweise können bei der Probandin selbst nach einem Monat Versenkung keinerlei Anzeichen von Langeweile oder Frustration festgestellt werden. Stattdessen gewinnt sie mit überdurchschnittlicher Begeisterung spannende Einsichten beim stundenlangen Beobachten von faulenden Kokosnüssen respektive Streicheln von Skorpionen und Riesenspinnen.
Die wenigen weiteren Testpersonen zeigen die üblichen Symptome: vom temporären Realitätsverlust, über Abschwörung der westlichen Welt und Konvertierung zum buddhistischen Glauben bis hin zum Verlust der Muttersprache.

Bei S. hingegen zeigt der Test, dass sie nicht ganz dicht, äh, pardon normal ist und das mit absoluter Gewissheit.

 

6. Differenzierungstests nach Rorschach

 

 

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7. Fazit

Nach Ermessen des GA ergeben sämtliche Tests, dass die Probandin als höchstgradig kreativ anormal einzustufen ist. Seine Kompetenz würde mit ihrer Weiterbehandlung überschritten.
Fachkräften aus Kreativanstalten sollte jedoch, vor allem mit den Ergebnissen des Differenzierungstests, genügend ausgewertetes Material zur Verfügung stehen, um geeignete Maßnahmen einzuleiten. Ein angemessener Therapieplan wird der Probandin S. helfen, ihre Anomalie noch mehr als Chance zu sehen und sie gewinnbringend einzusetzen.

 

Gez. Hans Textosteron

München, 1.3.2012